Einsiedel die Perle im Zwönitztal
Einsiedel-2

Die Alte Linde 

Max Fischer 

Alte LindeDie Alte Linde an der Fischerschmiede, das älteste Wahrzeichen unseres Ortes, ist am gestrigen Montag (ein Montag 1935) niedergelegt worden. Der ca. 300jährige Baum war in seinen unteren Stamm derart morsch geworden, daß seine Erhaltung nicht möglich war. Jeder Heimatfreund wird es tief bedauern, daß dieser alte Kronzeuge längst vergangener Zeiten, der von dem Werdegang unseres Heimatortes bis zu seiner jetzigen Entwicklung uns so viel hätte berichten können und der das Bild unseres Ortes nicht unwesentlich verschönte, nicht erhalten bleiben konnte.





Vom Erzgebirgsverein, der die Pflege und Erhaltung unserer Heimat auch auf seine Fahnen geschrieben hat, wird uns geschrieben:


DIE ALTE LINDE AN DER FISCHERSCHMIEDE
“Bald ist’s vorbei! und der Erde geb’ ich, der ewigen Sonne, die Atome wieder, die sich zu Schmerz und Lust in mir gefügt!” Drei Jahrhunderte habe ich über das Wohl und Wehe des Ortes gewacht. Ich kenne seine Vergangenheit genau. Menschengeschlechter kamen und vergingen. Manchem frohen Volksfest auf dem nahen Dorfplan hörte ich still zu in den vielen, vielen Jahren meines Lebens. Mit stiller Wehmut aber gedenke ich auch der schweren Zeiten meiner Jugend, als General Holt’s Räuberhorden plündernd dieses stille Tal durchzogen, als der geschlagene Wallensteiner ins Böhmerwald heimwärts zog und endlich das kleine Kirchenglöcklein den Friedensschluss der Fürsten verkündete. Noch klingt das “Nun danke Gott” in meinen Zweigen, das aus der kleinen Holzkirche oben, die an der Stelle der jetzigen stand, herniederklang. Damals freilich lag neben dem alten Lehngericht, in dem jetzt Rezepte ausgefertigt werden, ein stattlicher Dorfteich und niemand ahnt es wohl von allen denen, die zum Kirchweihfest auf diesem Platz sich tummeln! Tempora mutantur! Die Gute alte Zeit! Wie gern sah ich den Thumer Postillon an mir vorbei fahren! Lange, lange ist´s auch schon wieder her, als die Österreicher anno 13 zum Völkerkampf zogen und den Erbfeind verdrängen halfen. Wenn ich reden könnte! Ich sah auch ihn bei mir vorübergehen, den vielbewunderten Wilddieb unserer Wälder, den Stülpner Karl, den auf dem “Goldenen Hahn” so gern die Gäste erzählen hörten. Und dann die schreckliche Hungersnot vor reichlich 80 Jahren; in meiner Nähe steht noch ein Zeuge jener Zeit, versehen mit der Erinnerungstafel! Auch Preußens Söhne marschierten einstens in langen Reihen an mir vorüber, hin zum Bruderkrieg nach Böhmen, und wenige Jahre später erklangen freudebringend die Glocken zur Siegesfeier von Sedan! Und endlich sah ich sie, die Söhne des Ortes, zum Weltkrieg eilen, dem schrecklichsten Erlebnis meines langen Lebens. Vorbei sind sie an mir gegangen, alle die freudigen und ernsten Ereignisse großer Zeiten, lernt aus ihnen! So deutet es , mein letztes Rauschen.

                                             Erich Bausch 1935

P.S. Gestanden hat die Linde vor dem Grundstück Claus Helga an der Hauptstraße, hier war auch die Fischerschmiede. Die Schmiede von Max Fischer war bis zu seinem Tode 1958 in Betrieb, im Sommer 1935 wurde die alte Linde gefällt.

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2015 © Copyright by Bernd Obermaier  Projektstart: 25.07.2000 aktueller Stand vom 03.01.2015
154 Seiten Einsiedler Geschichte,